Lottogewinn ins Klo gespült – Gericht entscheidet

Richter erleben immer wieder kaum glaubhafte Ausreden der Angeklagten, aber auch skurrile Tatbestände. In Essen stand eine Frau vor Gericht, weil sie ihrem Sohn und ihrem geschiedenen Mann die diesen zustehenden Anteile an einem Lottogewinn nicht ausgezahlt hatte. Sie gibt an, das Geld in betrunkenem Zustand die Toilette heruntergespült zu haben.

Der Fall

Eine Seniorin gewann gemeinsam mit ihrem Sohn aus erster Ehe mehr als eine Million Euro im Lotto. Sie verpflichtete sich zudem in einem gerichtlichen Vergleich, von ihrem Gewinnanteil einen Betrag von 280.000 Euro an ihren ehemaligen Mann auszuzahlen. Dieser ist zwar inzwischen verstorben, veranlasste zu seinen Lebzeiten aber eine Pfändung bei seiner früheren Frau, da das vereinbarte Geld nicht auf sein Konto einging. Die Gewinnerin gab gegenüber dem Gerichtsvollzieher an, am Vortag mehr als 400.000 Euro die Toilette heruntergespült zu haben und über kein Geld mehr zu verfügen. Der Verbleib der Restsumme von 200.000 Euro spielte im Prozess keine Rolle, vielmehr lautete die Anklage auf Vereitlung einer Zwangsvollstreckung.

Das Urteil

Ob das Amtsgericht Essen-Borbeck die Geschichte der Frau tatsächlich geglaubt hat, geht aus dem Urteil nicht eindeutig hervor. Für eine strafrechtliche Verurteilung ist jedoch ein hinreichender Tatnachlass erforderlich, welchen die vorsitzende Richterin als nicht zu erbringen einstufte. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein, woraufhin das Essener Amtsgericht ebenfalls entschied, dass es die Angaben der Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit widerlegen konnte. Die Staatsanwaltschaft stimmte letztendlich der Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage von viertausend Euro zu. Diese ist nicht mit einem Schuldspruch in der eigentlichen Strafsache zu verwechseln, sondern erspart die Anfertigung einer neuen Anklageschrift wegen vorsätzlicher Trunkenheit. Die Richter entschieden zudem, dass den Töchtern des verstorbenen Manns als Erbinnen der zurzeit uneinbringlich scheinende Anteil zusteht, wenn das Geld doch wieder auftaucht.

Eine kluge Entscheidung

Die Entscheidung des Amtsgerichts Essen ist salomonisch. Einerseits kann die Angeklagte mangels eindeutiger Beweise nicht verurteilt werden, andererseits verdeutlichen die Richter ihre Zweifel am Wahrheitsgehalt der Einlassungen der Lottogewinnerin. Da das Gericht den Töchtern beim Wiederauftauchen des Geldes den Anteil ihres verstorbenen Vaters im Urteil zusprach, müssen diese kein zusätzliches Zivilverfahren gegen die Angeklagte anstrengen – sondern nur beobachten, wie viel Geld die Frau ausgibt.
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