Berlin – Wenn im Homeoffice die Konzentration flöten geht, der Frühjahrsputz Kisten mit ungenutztem Kram zu Tage fördert oder die Eltern endlich die Fahrräder der längst erwachsenen Kinder loswerden wollen: Mehr Menschen als sonst stöbern, kaufen und verkaufen gerade via Kleinanzeigen im Internet.
Das dürfte auch an den coronabedingt geschlossenen Geschäften liegen – schließlich fallen samstägliche Einkaufstouren in der Innenstadt gerade flach. Dass sich die Menschen im Land verstärkt mit Kleinanzeigen beschäftigen, zeigt aber auch: Sie haben wieder Platz im Kopf für anderes als Corona.
Mehr Artikel auf Verkaufsportalen als üblich
«Ich hab ewig nix Neues eingestellt und plötzlich Anfragen zu uralten Sachen bekommen», berichtet eine Nutzerin von «Kleiderkreisel», einer Plattform für Secondhand-Mode. Dort und auf der Partnerseite «Mamikreisel» meldeten sich seit Mitte März deutlich mehr neue Nutzerinnen und Nutzer, sagt Sprecherin Natacha Blanchard-Astier. Und die stellten viel mehr Artikel online als üblich.
«Das könnte in der Tat eine direkte Folge davon sein, dass Menschen zu Hause bleiben und sich die Zeit nehmen, ihre Kleiderschränke aufzuräumen und ihre Klamotten, Schuhe und Accessoires auszusortieren», erklärt Blanchard-Astier.
Ähnlich auf Ebay-Kleinanzeigen: In der letzten Märzwoche stieg die Zahl der Angebote um 25 Prozent im Vergleich zu den zwei Vorwochen, wie Sprecher Pierre Du Bois der Deutschen Presse-Agentur sagt. Auch herrsche mehr Nachfrage: Ein Viertel mehr Nachrichten tauschten Verkäufer und Interessenten aus. Nachdem die Bundesregierung die Kontaktsperre verhängt hatte und die meisten Geschäfte schließen mussten, gehe es bei Ebay «durch die Decke». Die Seitenaufrufe seien um 20 Prozent gestiegen.
Gesucht wird nach Haus- und Gartenzubehör
Besonders gefragt seien Haus- und Gartenzubehör sowie Pflanzen – und Fahrräder. Und offenbar schrauben viele in ihrer freigewordenen Zeit gerne an Autos und Rollern, denn: Die Kategorie Fahrzeugteile brummt. Zudem suchten viele nach Zerstreuung und Unterhaltung – in Form von Büchern, Filmen und Zeitschriften. Aber auch für Sprachkurse finden die Menschen Zeit, und sie ordern Nachhilfe für ihre Kinder. «In Zeiten von Homeschooling sehr plausibel», sagt Du Bois.
Nutzer stellten zudem mehr in der Kategorie «Verschenken & Tauschen» ein. «Das deutet darauf hin, dass die Menschen ausmisten», sagt Du Bois. Branchen, die in der Corona-Pandemie besonders gefordert sind – etwa die Altenpflege oder Supermärkte – suchten zudem verstärkt Personal über Kleinanzeigen.
Den Online-Marktplatz «Momox» nutzten in den ersten Wochen nach den Ladenschließungen weniger Käufer und Verkäufer. Nun laufe es wieder, sagt der Chef Heiner Kroke. Der Einbruch habe sicherlich auch an der Verunsicherung der Menschen wegen der Corona-Situation gelegen. Die Partnerseite «Medimops», auf der es elektronische Unterhaltungsartikel und gebrauchte Bücher gibt, glühe indes: Dort bestellten Kunden und Kundinnen mehr als in den Vorwochen.
Auch Unterhaltungselektronik und Fitnessgeräte nachgefragt
Auf der Flohmarkt-Seite «Shpock» suchen die Menschen vor allem Ablenkung: Spielkonsolen, DVDs und Bücher sind besonders gefragt, wie Sprecherin Denise Böhm sagt. Hinzu kämen Fitnessgeräte und Ausstattung fürs Homeoffice – etwa Schreibtische und Laptops. Auch «Entrümpelungs-Angebote» fänden sich vermehrt: aussortierte Designer-Mode und -Accessoires sowie Smartphones oder Tablets.
Nur was tun, wenn man etwas online verkauft hat? Unnötige Begegnungen soll jeder ja möglichst vermeiden. Entweder man bringe den verkauften Artikel erst nach Lockerung der Ausgehbeschränkungen zur Post, sagt Böhm – oder man übergebe ihn kontaktlos: Der Käufer überweise das Geld vorab, und der Verkäufer lege den Artikel vor die Tür. «Wenn die Distanz zu groß ist, gibt es einige Lieferdienste, die Abholservices – also eine kontaktlose Lieferung von Tür zu Tür – anbieten».
Als die Kontaktsperre im März beschlossen wurde, herrschte auf Ebay-Kleinanzeigen Flaute, wie Sprecher Du Bois sagt. Die Menschen hatten wohl andere Dinge im Kopf. Ähnlich das Bild bei «Shpock»: Dort sei die Aktivität direkt nach den Ladenschließungen merklich abgeflacht, so Sprecherin Böhm. Jetzt brumme es.
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(dpa)